Clean Industrial Deal State Aid Framework (CISAF) – Die europäische Antwort auf den US Inflation Reduction Act und die Weichenstellung für klimafreundliches Wirtschaftswachstum in der Zukunft?

Am 25.06.205 verabschiedete die Europäische Kommission den neuen Rahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung des Clean Industrial Deals. Dieser Clean Industrial Deal State Aid Framework (kurz: CISAF) soll es EU-Mitgliedstaaten in Zukunft ermöglichen die Entwicklung von sauberer Energie, die industrielle Dekarbonisierung und die Produktion saubere Technologie in Millionenhöhe zu fördern. 

Was ist ein State Aid Framework? 
Seit Jahren veröffentlicht die Europäische Kommission Leitlinien und Frameworks, in denen sie festlegt – vergleichbar mit der Selbstbindung der Verwaltung im deutschen Recht – unter welchen Voraussetzungen Beihilfen, die den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen, genehmigungsfähig sind. Letztlich geht es, wie immer im EU-Beihilferecht, um die Frage, unter welchen Bedingungen und zu welcher Höhe die Mitgliedstaaten der EU die bei ihnen ansässigen Unternehmen finanziell unterstützen dürfen, ohne den europäischen Binnenmarkt zu verfälschen. Neben Leitlinien, die Ausprägung typischer politischer Ziele der EU sind, wie beispielsweise die Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz und Energiebeihilfen oder die Leitlinien für staatliche Beihilfe zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, veröffentlicht die Europäische Kommission auch sogenannte Temporary Frameworks, in Reaktion auf unvorhersehbaren Krisen. So folgten auf den Temporary Framework zur Zeit der Banken- und Finanzkrise in der jüngeren Vergangenheit vor allem Temporary Frameworks als Reaktion auf die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. 

Da in Folge des russischen Angriffskrieges vor allem der Energiesektor – Stichwort: Versorgungssicherheit – betroffen war, wurde der diesbezügliche Temporary Framework in einen Temporary Crisis and Transition Framework (TCTF) umgestaltet. Neben klassischer Krisenbewältigung wurden dort auch bereits Beihilfen für die Transformation zu sauberen Technologien und Energie angelegt. Letztlich entstand so eine Mischform aus einem Krisenframework und einer Leitlinie, in der politische Ziele (Energietransformation) gefördert wurden. 

Der CISAF soll nun diesen TCTF ersetzen und gezielt die Förderung der Entwicklung von sauberer Energie, die industrielle Dekarbonisierung und die saubere Technologie in Millionenhöhe ermöglichen.

Was ist der Clean Industrial Deal? 
Der Clean Industrial Deal wurde bereits im Februar 2025 als Plan für eine wettbewerbsfähige und klimaneutrale EU veröffentlicht. Damals wurden konkrete Ziele definiert, wie bezahlbare Energie, die Steigerung der Nachfrage nach „sauberen“ Produkten, die Finanzierung der Energiewende sowie die Kreislauffähigkeit und der Zugang zu Rohstoffen. Insbesondere wurde dort bereits festgehalten, dass energieintensive Industrien bei der Dekarbonisierung und dem Übergang zur sauberen Energie im globalen Wettbewerb unterstützt werden müssen und der Sektor der sauberen Technologien insgesamt gefördert werden muss. Im Rahmen der Veröffentlichung des Clean Industrial Deals Anfang des Jahres kündigte die Europäischen Kommission ebenfalls an, dass sie – unter anderem durch die EU-eigenen Investitionsfonds und aus Teilen des Emissionshandels– bis zu 100 Milliarden Euro an EU-Mitteln mobilisieren möchte. Außerdem wurde im Februar 2025 bereits ein neuer State Aid Framework angekündigt, um den Mitgliedstaaten Investitionen und Förderungen zu ermöglichen.

Der CISAF folgt nun als konkrete Maßnahme auf eben diese Ankündigung. Durch ihn legt die Europäische Kommission faktisch fest, welche Unternehmen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe von den einzelnen Mitgliedstaaten gefördert werden dürfen.

Was genau sieht der CISAF vor? 
Der CISAF vereinfacht die Vorschriften für staatliche Beihilfen in fünf Hauptbereichen:

  • Einführung von erneuerbaren Energien und kohlenstoffarmen Kraftstoffen;
  • befristete Strompreiserleichterungen für energieintensive Verbraucher, um den Übergang zu kostengünstigem sauberem Strom zu gewährleisten;
  • Dekarbonisierung bestehender Produktionsanlagen;
  • die Entwicklung von Produktionskapazitäten für saubere Technologien in der EU und
  • die Verringerung des Risikos von Investitionen in saubere Energie, Dekarbonisierung, saubere Technologien, Energieinfrastrukturprojekte und Projekte zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.

Konkret sieht der Rahmen unter anderem einen „fast-track“ für die Einführung sauberer Energien, die Unterstützung bei Stromkosten für energieintensive Nutzer sowie neue Regeln für Flexibilitätsmaßnahmen und Kapazitätsmechanismen vor.

Die Unterstützung kann bis zu einer Beihilfeintensität von 200 Mio. Euro pro Projekt als Einzelbeihilfe gewährt werden. Die Beihilfeintensität richtet sich nach den beihilfefähigen Kosten einer Investition, d.h. der Gesamtinvestitionskosten, die in direktem Zusammenhang mit der Verwirklichung der Einsparungen von Treibhausgasemissionen oder der Energieeffizienz stehen. Darüber hinausgehende Beihilfen können auf der Grundlage, einer berechneten Finanzierungslücke oder einem wettbewerbsorientiertem Ausschreibungsverfahren gewährt werden.

Darüber hinaus sieht der CISAF die Unterstützung für die Produktion und Fertigung von sauberer Technologie vor.

Letztlich soll durch den CISAF auch das Risiko privater Investoren in Projekte zur Unterstützung des Clean Industrial Deals verringert werden, um somit eine Steigerung von privaten Investitionen in der EU zu ermöglichen. Ein Ziel, das sowohl die Europäische Kommission als auch der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi in seinem „Draghi Report on EU competitiveness“ eindeutig so formuliert haben. Der CISAF wird bis zum 31. Dezember 2030 in Kraft sein. 

Der CISAF als zeitgemäßes Instrument? 
Auch wenn bereits vereinzelt Kritik am CISAF zu vernehmen ist, beispielsweise kritisiert der Bundesverband Erneuerbaren Energien, dass auch „low-carbon“ fossile und atomare Energieträger förderfähig sind, dürfte der CISAF ein zeitgemäßes Instrument dafür sein, die europäische Wirtschaft sowohl bei der Transformation als auch im Wettbewerb mit den USA und China zu unterstützen. So hat die USA 2022 noch unter der Biden-Administration mit dem Inflation Reduction Act ein Instrument geschaffen, um gezielt die inländische Produktion von Batterietechnik für Elektromobilität und den Aufbau von Wasserstoffstrukturen innerhalb der USA in Milliardenhöhe zu fördern. Auch China drängt mit stark subventionierten Elektroautos in den EU-Binnenmarkt. Entsprechend ist es folgerichtig, dass die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten nun einen Werkzeugkasten an die Hand gibt, durch den die einheimische Industrie und Wirtschaft finanziell gestärkt werden kann, um so Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und zeitgleich die Transformation zu sauberen Energien und Technologien zu fördern.

Wir bei FPS beraten sowohl private Unternehmen als auch die öffentliche Hand zu allen Fragen des EU-Beihilferechts und erwarten mit Spannung die ersten Entscheidungen der EU-Kommission zu Beihilfen, die auf Grundlage des CISAF genehmigt werden sollen. 

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